Der Energiekonzern RWE droht damit, das vorläufig stillgelegte Atomkraftwerk Biblis A wieder hochzufahren. Damit hat der Konzern den Druck seiner Klage gegen die vorläufige Abschaltung abermals erhöht. Wie RWE mitteilte, werde man Biblis A wiederanfahren, wenn durch die zuständige Behörde kein Sofortvollzug erteilt wird.
Durch einen Sofortvollzug würde dem Energiekonzern das Hochfahren des Kernkraftwerks verboten werden. Ein Sprecher von RWE erklärte, dass der Konzern davon ausgeht, dass eine Gefährdung nach dem Atomgesetz nicht gegeben ist, wenn die Behörde keinen Sofortvollzug erteilt. Mit Verweis auf Paragraf 19, Absatz 3 des Atomgesetzes hatte die Bundesregierung die Stilllegung der sieben ältesten Meiler in Deutschland angeordnet.
Nach dem genannten Paragraf kann eine Stilllegung eines Atomkraftwerks erfolgen, wenn durch dieses Gefahren für Leben, Sachgüter oder Gesundheit bestehen. Die Anwendung des Paragrafen wurde durch Bundesumweltminister Norbert Röttgen mit einer vorsorgenden Maßnahme begründet, die nach dem Atomunglück in Japan getroffen wurde. Mehrere Juristen schätzen diese Auslegung auch weiterhin als sehr gewagt ein. Nach ihren Aussagen steht die Abschaltung der betroffenen Meiler auf wackligen Füßen.
Wenn RWE Recht bekommt, steht das von der Bundesregierung beschlossene Atom-Moratorium gänzlich infrage. Das hessische Umweltministerium kündigte bereits an, dass ein Sofortvollzug erteilt werden soll, wenn der Meiler durch RWE wieder angefahren wird. Bislang wurde dies jedoch noch nicht getan. Am Freitagmorgen hat RWE beim Verwaltungsgericht in Kassel Klage gegen die Anordnung der Bundesregierung eingereicht. In einer Erklärung des Konzerns hieß es, dass die deutschen Kernkraftwerke alle geltenden Sicherheitsanforderungen erfüllen. Demnach fehle laut RWE für eine Betriebseinstellung die rechtliche Maßgabe.
Mit der Klage stellt der Energiekonzern nach eigenen Angaben die Wahrung der Interessen der Aktionäre sicher. Dem Kraftwerksbetreiber entgehen mit jedem Tag des Stillstands von Biblis A laut Schätzungen von Fachleuten rund eine Millionen Euro Gewinn. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich der Rechtsstreit über die Wende in der Atom-Politik über ein längeres Zeitfenster erstreckt.